Alles muss haargenau in eine tobende Ordnung gebracht werden!

 

Eine nervöse Reise durch die kryptischen Texte des Theatergurus Antonin Artaud, die

Paul M Waschkau -  mit einem Ge­fühl scharfen Brennens in den Gliedern - seziert und zelebriert.  

 

 

Der ebenso brachial wie poetische klingende Satz leitet Antonin Artauds programmatischen Text Schluss mit dem Gottesgericht ein, der nicht nur ein polyszenisches simultanes Theater propa­giert, sondern auch aktuelle politische Szenerien entblößt, in­dem er die steten Vorzeichen schreiender zerstückelter Körper repräsentiert.

Seit Beginn der 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts hat sich der Berliner Dichter & Dramatiker Paul M Waschkau neben eigenen abseitigen publizierten und uraufgeführten Texten am Abgrund des Theaters (Kerker; Galeere der Kaltblüter; Hyänenherz ) mehrfach durch die kryptischen Texte Artauds gewühlt, um sie als Textsezierung mit einem Gefühl scharfen Brennens in den Gliedern öffentlich zu zelebrieren.

Audiogen-dramatische Experimental-Schnitte seiner polyszenischen Auftritte an schrägen Unorten - wie Volksbühne, BÜRO ARTAUD, daLANda, INVASOR im GARN oder Club of T’schunk) Wahn­frieds Gaststimme sowie die Vertonungen und Industrialsounds von Hasch verdichten diese Reisen in die Wüsten Artauds zu einer polyszenischen – brachialen wir feinfühligen Lese-Performance.

2006 wurde seine mit dem Büro Artaud komponierte Hörspielfassung „Die Frage stellt sich“ (Pathos Transport Berlin 2002/2005) ins Medienlabor Tesla Berlin eingeladen.

 


     paul m waschkau seziert Antonin Artaud 111!

GESCHOSS IN DIE ZEIT__II   #  Nervöse Lesung

pmw PARTISANEN DER POESIE > > > Videoclip on Youtube

Ich bin der, der am besten die verblüffende Verwirrung seiner Zunge in ihren Beziehungen zum Denken gespürt hat. Ich bin der, der am besten die Minute seines innersten, seines unvermutetsten Gleitens markiert hat. Ich verliere mich wahrhaftig in meinem Denken so wie man träumt, wie man plötzlich in sein Denken zurückkehrt. Ich bin der, der die Schlupfwinkel des Verlustes kennt. 

antonin artaud

 

Video/Fotografien_____Regina Heck

INVASOR 2007 ____in  theaterKAPELLE f’hain

 

Die Wesen sind inmitten einer Schlacht geboren worden, die sie niemals verstehen wollten, die sie gehasst und beneidet haben, und das ist alles.  # Antonin Artaud

 

 

 

Es wird Zeit für ein Tribunal! es wird Zeit für ein Artaud-Tribunal!

Die Tage und Wochen vor einer  als performative TextSezierung angekündigten ARTAUDsession wühle grabe und wälze ich mich stets aufs Neue durch alle mir zur Verfügung stehenden kryptischen Schriften Wörter Sätze Schreie des mir so fernen Antonin Artaud. Und oft führt mich dieses Wühlen auf ein und dieselben Texturen zurück, weil sie in einer komprimierten Weisheit das komplette Artaudsche Irrenhaus beschreiben. Bestenfalls probiere ich einen anderen Eingang, einen anderen Ausgang.

 

Jedoch schere ich mich in aller Regel einen Dreck darum, ob die Laute der Wörter, die meinen Kehlkopf, Rachen, Mund verlassen wie Französisch klingen Bilanesisch Deutsch Russisch Englisch Suaheli Brasilianisch oder Papauanisch. Das alles ist nicht wichtig, weil die Laute wie Musik sich aus dem Geschriebenen herauslösen und sich aufblähen zu Stimmen, die nicht von dieser Welt sind, um ihre ganz eigenen Bilder und Gemälde zu kreieren.

 

Denn wenn ein  Dichter einen Schrei ausstößt und Artaud ist mehr Dichter denn Theoretiker, ist mehr ein durch Schmerzen behinderter klar sehender Kranker, der seine Schmerzen singt wie in einem allumfassenden Menschheitsrequiem. Ein Dichter, der den inneren Bruch der Verbindung aller Nerven benennt und erkennt. Der seinen unbeständigen Taumel wie eine Art verstecktes Flimmern vor den Augen lokalisiert und als Weiser Nichtwissender weiß, dass Ideen Bilder Wahrheiten wie eine ferne Hitzegerinnung als Fata Morganen zerfließen. Der auf das Denken und Argumentieren und Schreiben offizieller Gesunder scheißt. Gesunder Gesellschaftsmenschen, die auf ihre Gesundheit und ihr so oft in Zeitungen und Büchern und sonstigen Allmedien präsentiertes Urteilsvermögen so stolz sind, weil sie mit einem Denken argumentieren, das sich im Reich offizieller Sprech- und Verhaltensgrammatik etabliert und durchgesetzt hat. Allerdings auf eine Weise, die an Grausamkeit nichts zu wünschen übrig lässt und deren Wege und Plätze voll sind von Blutspuren Verstümmelter, von abgerissenen Gliedern und massakrierten Körpern! Und so liegen hinter mir längst einige Särge, die ich niemanden mehr verzeihen werde. Daher wird es Zeit abzurechnen. Es wird Zeit für ein Tribunal. Es wird Zeit für ein Artaud-Tribunal! Und die Zeit wird kommen.

 

Wenn also ein Dichter einen Schrei ausstößt, ist das oft ein schöner Braten für die öffentliche Unendlichkeit, die diesen Aufschrei in aller Regel ausschlachtet zum Nachteil des Schreienden. Gegen den Schreienden, der eh oft nur noch wispert und flüstert. Also muss dieser Braten geschmort werden. Auf dem Fest der Schakale. Im Blutrauschs des Hais. Mit einer Prise Arsen. Und das darf auch in einer watteartigen Leisigkeit geschehen. Denn dass ein Fest allein aus Huri-Schreien bestehen müsse, ist ein uralter Irrtum, der ins Niemandsland führt.

 

Es wird Zeit für ein Tribunal! es wird Zeit für ein Artaud-Tribunal!

pmw/2007

 

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