Das Labyrinth von
NETTUNO
Lange Zeit war der Weg zur Stadt NETTUNO durch ein
Labyrinth geschützt. Erbaut aus Sonnenspiegeln, die dich mit Blindheit
schlagen. Jede Bösartigkeit, die du begangen hast, spiegeln sie wieder,
vergrößern sie und treiben dich in den Wahnsinn.
Orpheus betritt das Labyrinth. Die Zuschauer
werden gebeten, absolute Ruhe zu bewahren, damit ihre Anwesenheit den Dichter
nicht stört, der die Ausgrabungen leitet. Man darf Dichter nicht stören! Ruhe
ist das Elixier ihrer Arbeit. Daher kommt das Graben nur an den allerstillsten
Tagen voran. Auch Sturm und Regen zerstören die Hoffnung auf Funde.
Man muss wissen: Die Archäologie der Klänge
ist gerade erst perfektioniert worden. Und die systematische Archivierung von
Worten war bis vor kurzem ein heilloses Durcheinander. Orpheus beobachtete wie
ein Wort oder eine Wendung in einem Funkenregen aus Stimmen nach und nach
Gestalt annahm. Ein Gedicht des Feuers hüllte mit seinem gleißend hellen
Widerschein alles in Finsternis ein. Der Weg zur Stadt NETTUNO war lange Zeit
versperrt. Jetzt war zumindest die Möglichkeit des Weges erkennbar.
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Menschen von fernen Ufern sind gekommen, um
den Ausgrabungen beizuwohnen. Täglich erreichen Karawanen NETTUNO. Sie suchen
das alte Geheimnis der Stadt, aber sie finden es nicht. Enttäuscht reisen sie
wieder ab.
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Fern von NETTUNO, jenseits der Berge liegt
die Höhle von EDITa, wo sich alle Unglücklichen melden. EDITa ist die Heilige
der Verlorenen Sache. Die Heilige all derer, die nicht mehr weiter wissen. Die
sich im Netz der Fakten verfangen haben. Diese - an sich sinnlosen – Fakten losgelöst von jedem Grund, lockten IHN
in ein System aus Unwirklichkeit. In eine Aura aus Traum. Würden all diese
verschwommenen, täuschenden Fakten mit seinem letzten Atem verpuffen? Denn
gewöhnt an Bilder hatte seine Welt aufgehört, den Bildern zu dienen.. Bilder
sind die Kerkerwände der Seele.
Bete, daß du dich von den Bildern befreien
wirst.
Du sollst dir kein Bildnis machen!
Hör auf die leere Seite zu füllen!
Um ein Astronaut der Leere zu sein,
verlasse das bequeme Haus.
Gib auf, was dich gefangen hält.
„ZEIT IST WAS DAS LICHT DARAN HINDERT UNS ZU
ERREICHEN.“
Ich war jenseits des Horizonts.
- Wo warst du?
Ich war hinter von allem.
pmw frei nach einer Passage in blue von derk jarman